Die Maßnahmen der Ersten Hilfe bei einem
Strahlenunfall sind abhängig von der Art der Verletzungen,
von der höhe der Strahlenexposition, vom Umfang der
Kontamination und der Inkorporation radioaktiver Stoffe.
Zur Gewährleistung der Ersten Hilfe ist es zweckmäßig,
vorbereitende Maßnahmen zu treffen, die sich nach Art und
Ausmaß der möglichen Gefährdung richten müssen.
Zu einer Kontamination der Haut kann es fast
ausschliesslich beim Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen
kommen. Die Dekontaminierung erfolgt bei kleinen Flächen mit
Tupfern aus Zellstoff, saugfähigem Papier oder Klebstreifen,
je nach Konsistenz der Kontamination. Größere kontaminierte
Hautpartien werden unter fließendem Wasser mit Seife und
Bürste entfernt.
Kontaminierte Wunden stellen eine besondere Gefahr
dar, da die radioaktiven Stoffe hierbei in die Blut- und
Lymphgefäße eindringen können. Um ein Eindringen
radioaktiver Stoffe in den Körper über die Blut- und
Lymphgefäße zu verhindern, wird das verletzte Körperteil mit
einem Stauschlauch abgebunden. Durch die venöse Blutung wird
dabei ein Ausschwemmen eines Teiles des in das Gewebe
gelangten radioaktiven Stoffes ermöglicht. Nach anlegen eines
sterilen Verbandes ist der Verletzte unverzüglich der
weiteren medizinischen Versorgung zuzuführen.
Eine Inkorporation mit radioaktiven Stoffen kann
über die Atemwege, den Magen-Darm-Kanal, über Wunden und
eventuell auch über die intakte Haut (Tritium) erfolgen.
Durch folgende Maßnahmen kann diese Inkorporation beseitigt
werden bevor eine Resorption eintritt:
- Bei erfolgter Inhalation sind die Schleimhäute
der Nase, der Mundhöhle und des Rachens durch Husten mit
vorgehaltenem Tuch, Zellstoff u.ä. sowie durch kräftiges
Naseputzen und ausgiebiges Spülen des Nasen-Rachen-Raumes
mit Natriumhydrogencarbonat oder physiologischer
Kochsalzlösung zu reinigen
- Bei oraler Aufnahme sind Mundspülungen mit
Natriumhydrogencarbonatlösung durchzuführen. Durch
Brechreiz (nicht bei Bewußtlosigkeit!), ausgelöst durch
trinken von lauwarmen Salzwasser oder mechanischer Reizung
der hinteren Rachenwand, kann bereits in den Magen
gelangtes radioaktives Material entfernt werden.
Die Zufuhr von Adsorbientien sowie die Anwendung von
Dekorporationsmitteln bei Verdacht auf Inkorporation sollte
dem herbeigerufenen Arzt überlassen werden.
Bei intensiver lokaler Hautbestrahlung mit mehr als
10 Sv sind das Anlegen eines sterilen Wundverbandes und eine
Behandlung mit Eispackungen zu empfehlen. Der Betroffene ist
unverzüglich der dermatologischen Weiterbehandlung
zuzuführen.
Bei Ganzkörperbestrahlung mit über 0,25 Sv sollte
jegliche körperliche Belastung des Betroffenen unterbleiben.
Er ist zum Arzt zu bringen, auch wenn er sich keinerlei
Verletzungen zugezogen hat. Bei einer Ganzkörperbestrahlung
mit mehr als 5 Sv ist mit dem Auftreten eines Strahlenschocks
(Schädigung des Zentralnervensystems) zu rechnen. In einem
solchen Fall sind eine absolute Ruhigstellung der betroffenen
Person und die unverzügliche Benachrichtigung eines Arztes
angezeigt.
Neben der hier aufgeführten kurzen Hinweise zur Ersten
Hilfe bleiben alle weiteren einzuleitenden Maßnahmen bei
einem Strahlenunfall dem stets zu rufenden Arzt vorbehalten.
Er wird zur weiteren Behandlung die Überweisung in ein
Krankenhaus für Strahlenmedizin veranlassen. |