Als
Ausbilder und Strahlenschutzbeauftragter am Technischen
Ausbildungszentrum der Luftwaffe, Abt. Süd, in Kaufbeuren, habe ich ständigen
Kontakt zu jungen Menschen. In vielen Gesprächen wurde mir
schnell bewusst, dass an unseren allgemeinbildenden Schulen
das Thema Radioaktivität unzureichend unterrichtet wird.
Bestenfalls wird das Thema im Physikunterricht behandelt und
der Lehrer führt einige Versuche in Form einer Demonstration
vor. Dieses veranlasste mich und einige interessierte
Auszubildende, eine Idee in die Tat umzusetzen. Eine
praxisorientierte Ausbildung auszuarbeiten mit dem Ziel, nicht
nur den physikalisch interessierten Spezialisten, sondern vor
allem die Schülerinnen und Schüler mit einem Anspruch auf
Allgemeinbildung anzusprechen.
Die Eckpunkte der Idee waren
schnell abgesteckt:
- die theoretischen Grundlagen
zu vermitteln
- Schüler die Versuche selbst
durchführen lassen
- den Bezug zur praktischen
Anwendung herzustellen.
Ohne viel Bitten hatte sich
schnell ein Team von vier interessierten Auszubildenden
gefunden, die bereit waren, mich bei dem Vorhaben zu
unterstützen. Alle Vier befinden sich in der Ausbildung zur
Fluggerätmechanikerin bzw. zum Fluggerätmechaniker.
Zunächst musste das passende
Ausbildungsmaterial gefunden werden. Die anfängliche Idee,
eine vernünftige, praxisorientierte Ausstattung eigenständig
zusammenzustellen, erwies sich als nicht praktikabel. Wir
griffen auf ein Experimentiersystem für Versuche zur
Radioaktivität der Fa. Leybold Didactic zurück. Dazu gab es
das passende Ra-226 Freigrenzen-Präparat mit Bauartzulassung.
Damit war die Strahlenschutzverordnung ebenfalls
berücksichtigt. Somit sind die Versuche jederzeit
verifizierbar. Zunächst schrieben wir den Schülerleitfaden.
Dank der umfangreichen Experimentierausstattung aus dem
Programm der Fa. Leybold Didactic war es möglich, den
inhaltlichen Rahmen genau zu beschreiben. Versuche vom
Strahlennachweis mit dem Zählrohr über das Verhalten von
Beta-Strahlung im Magnetfeld bis zur praktischen Anwendung in
der Industrie, wie die Schichtdickenmessung, können
durchgeführt werden. Der Schülerleitfaden wurde
freundlicherweise von einer Strahlenschutzingenieurin
geprüft, korrigiert und in die neue deutsche Rechtschreibung
"übersetzt". Nun konnten wir Taten sprechen lassen.
Einmal die Woche traf ich mich mit meinen vier
"Mitarbeitern", um die Praxistauglichkeit und
Verständlichkeit der Experimentieranleitung auf die Probe zu
stellen. Dabei wurden Versuche umgeschrieben, ergänzt oder
komplett neu gestrickt. In zahlreichen Telefonaten fand ich
Unterstützung durch den Physiklehrer der Hauptschule
Löningen, der mir hilfreiche Tipps zur Umsetzung des Vorhaben
gab. Insbesondere kam auch der Bezug zum Alltag nicht zu kurz.
Es konnte veranschaulicht werden, wo überall in unserer
Umwelt Radioaktivität vorhanden ist und wie Strahler in der
Industrie Verwendung finden. Zum Beispiel in der
zerstörungsfreien Materialprüfung, der Schichtdickenmessung,
oder der Füllstandsmessung. Unter anderem wurde im Rahmen des
Versuchs "Füllstandsmessung mit Gammastrahlen" die
benachbarte Brauerei besucht, wo wir die Füllstandsmessanlage
in der Flaschen- und Fassabfüllung, die auf dem Prinzip der
Gammaabsorption basiert, erklärt bekamen. Im Rahmen weiterer
Versuche besuchten wir auch die Strahlenmessstelle der
Bundeswehr in Sonthofen. Im Anschluss an die
Experimentierphase erstellten wir eine Powerpoint
Präsentation, die vor dem Einstieg in die Praxis das nötige
Grundwissen vermittelt.
Das Ergebnis ist ein fundiertes
und erprobtes Paket, das zusammen mit dem verwendeten
Experimentiersystem die Möglichkeit bietet, die
Radioaktivität im Praktikum jedem Schüler zu vermitteln.
Durch die unterschiedlichen Schulbildungen in unserer Gruppe
zeigte sich, dass das Thema Radioaktivität leicht
verständlich vermittelbar ist. Im Rahmen von Projektwochen an
Schulen ergibt sich somit die Möglichkeit, unabhängig von
45-Minuten-Lernphasen das Thema Radioaktivität intensiv und
angemessen aufzuarbeiten.
Unser Motto:"Die
Theorie in der Ausbildung muss, um zum Erfolg zu führen,
durch die Praxis ergänzt werden".
Gerne unterstützen wir Schulen
bei der durchführung von Projektwochen. Dabei stellen wir den
Schülerleitfaden, auf Anfrage, kostenlos als PDF zur
Verfügung. Für den Raum Schwaben begleiten wir die
Ausbildung gegebenenfalls selbst und bringen die
Ausbildungsaustattung gleich mit.
Ein Problem hat sich allerdings
ergeben: Der von uns verwendete Radiumstrahler ist in dieser
Form nicht mehr zu bekommen. Es muss zukünftig auf ein Mischpräparat;
bestehend aus Am-241, Sr-90 und Cs-137; zurückgegriffen
werden. Sobald ein solcher Strahler für uns vefügbar ist wird der
Leitfaden entsprechend überrarbeitet.